Kwaidan - Geistergeschichten

 

Nordgren: Klavierballaden nach Kwaidan

Ravel: Gaspard de la Nuit

 

Während seines Studienaufenthaltes in Japan (1970-73) lernte der finnische Komponist Pehr Henrik Nordgren (1944 -) literarisches Schaffen des Schriftstellers Lafcadio Hearn (1850 -1904) kennen, was er als eines der Schlüsselerlebnisse seines Japan-Aufenthaltes bezeichnet hat. Der in Griechenland geborene, irische Schriftsteller war fast ein Jahrhundert früher als Nordgren ebenfalls nach Japan gereist, um die dortige Kultur zu studieren. Hearn entdeckte auf seinen Reisen viele Geschichten aus der Vergangenheit - die mysteriösen Ereignisse und die mythischen Welten der Dämonen und Geister beschrieb er in seinen „Kwaidan“ Erzählungen, „seltsamen Geschichten und Studien aus Japan“ (1904). Nordgren war so fasziniert von der „Kwaidan“ Sammlung, dass er daraus zehn Erzählungen als Klavierballaden vertonte (1972-1977). Die Musik soll nicht die Geschichte programmatisch darstellen, sondern sie versucht die Atmosphäre und Empfindungen, die aus den einzelnen Geschichten hervorgehen, wieder zu geben.

 

In der Erzählung „O-tei“ handelt es sich zum Beispiel um eine junge Frau, die sich viele Jahre nach ihrem Tod durch Wiedergeburt wieder zu ihrem geliebten Mann findet. „Oshidori“ beschreibt einen Jäger, der unwissentlich das Leben eines Brautentenpaares zerstört. In der in Japan sehr bekannten Erzählung „Mimi-nashi-Hoichi“ handelt es sich um einen blinden Biwa-Spieler (vergleichbar mit dem europäischen Minnesänger), der, von den Geistern verwirrt und irregeführt, in einem alten Friedhof für den Toten spielt und singt, bis seine Ohren von dem Botschafter der Geister abgeschnitten werden.

 

Im Konzert erklingen ausgewählte Geschichten aus der Sammlung im Wort und Musik. Diese faszinierende und wundersame Welt soll Brücke schaffen zwischen Literatur und Musik, den östlichen und westlichen Kulturen, und nicht zuletzt auch zwischen den modernen und antiken Welten. Die modernen Klavierballaden von Nordgren erfordern zwar auch vom Publikum hohe Konzentration beim Zuhören, berühren aber die Zuhörer gleichzeitig emotionell zutiefst. 

 

Ergänzend dazu wird „Gaspard de la Nuit“ von Maurice Ravel nach Gedichten von Aloysius Bertrand aufgeführt. Auch hier werden die Gedichte rezitiert. Übrigens war es Lafcadio Hearn, der als Dozent der Tokyo Universität dem japanischen Publikum Bertrand vorstellte.